Ein wichtiger Entwicklungsschritt in der normalen motorischen Entwicklung ist die Erreichung der Mittellinienstabilität in Rückenlage und Bauchlage. Diese Stabilität wird mit dem 3. Lebensmonat erreicht und ist ein wichtiges Kriterium um zu beurteilen, ob ihr Baby zusätzliche ärztliche und therapeutische Abklärung oder sogar Therapie benötigt.
Ursachen die eine nicht altersgemäße Entwicklung mit 3 Lebensmonaten bedingen gibt es einige. Heute möchte ich die Lageasymmetrie, den Schiefhals und den Plagiocephalus beschreiben. Alle drei Komplikationen in der Entwicklung führen bei Nichtbehandlung zu einer verzögerten sensomotorischen Entwicklung und dies beeinflusst in weiterer Folge die Autonomieentwicklung ihres Kindes. Das bedeutet, dass Babys aufgrund einer Schiefhaltung und mangelnder Rumpfstabilität die normalen motorischen Entwicklungsschritte nicht oder nur teilweise macht, und von ihnen Hilfe zum aufsetzen, zum Stehen…..einfordert. Manchmal sehe ich Kinder, die 10 Monate alt sind, von den Eltern aufgesetzt werden, sobald sie aber am Rücken liegen, nicht wissen, wie sie sich auf den Bauch drehen sollen. Die Eltern die mit einem 10 Monate alten Baby zu mir zur Physiotherapie kommen, sind sehr verzweifelt. Das Baby ist quengelig, ruft ständig nach Hilfe, will aufgesetzt werden und entwickelt sich zum „kleinen Tyrann“. In Wirklichkeit ist es mit der motorischen Entwicklung überfordert und fürchtet sich. Babys die sich fürchten klammern – das ist eine normale Reaktion – das bringt sie wieder in Sicherheit und auf den Arm der Eltern. Nur kann das nicht so weitergehen – mit dem Anklammern – denn sonst verstärken sich die Ängste ihres Kindes und ihre Unzufriedenheit als Eltern mit der quengeligen Stimmung zuhause. Ihr Kind lernt nicht selbstständig, lustvoll und freudig autonom zu sein. Sie sehen schon – es entwickelt sich ein Teufelskreis.
1) Lageasymmetrie (Kipferl)
Wenn ihr Kind auf einer geraden Unterlage von Kopf bis Fuß schief liegt, liegt auch der Kopf auf die Seite gedreht und wird nicht in der Mitte gehalten, oder nur kurz in der Mitte gehalten. Wird der Kopf auf die andere Seite gedreht – wird die Lage sozusagen verändert- und die Kipferlform ist gegengleich auf der anderen Seite zu beobachten.
D.h. immer wenn ihr Baby den Kopf zur anderen Seite dreht stabilisiert es sich nach der Kopfdrehung in einer „schiefen Lage“ . Diese „schiefe Lage“ macht im Neugeborenenalter Sinn, da sie Stabilität verleiht. Meist schreckt sich das Baby bei der Kopfdrehung sehr und zeigen sogenannte „Schreckreaktionen“ da es bei der Kopfdrehung kurzzeitig den Halt verliert und die Muskulatur noch nicht reif genug ist, um die Mittelstellung des Kopfes und des Rumpfes zu halten. Meist weint das Baby dann auch. Ihr Baby ist also nicht nur schief, sondern auch sehr überempfindlich und unsicher wenn es frei auf einer Unterlage liegt und es weint vielleicht viel.
Ist ihr Baby schon 3 Monate alt und zeigt diese frühen Neugeborenenreaktionen noch immer, dann ist eine Entwicklungskontrolle bei ihrer KinderärztIn und PhysiotherapeutIn unbedingt notwendig.
Die Physiotherapie hilft ihrem Baby die Mittellinie zu finden, und die Hausübungen für die Eltern sind praktisch orientiert, leicht in den Alltag einzubauen („Handling“) und fühlen sich an wie „Spiel“ mit ihrem Baby, es macht Spaß!
Durch die Mittellinienorientierung ihres Babys und einer aktiveren Rumpfmuskulatur, ist ihr Baby nun bereit die nächsten Entwicklungsschritte zu machen – die asymmetrischen Bewegungsmuster zu aktivieren und sich selbstständig von der Rückenlage über beide Seiten auf den Bauch zu drehen. Nun ist die Therapie auch schon wieder beendet, da erfahrungsgemäß die nächsten Entwicklungsschritte auf Basis der guten Mittellinienorientierung selbstständig gelernt werden können.
Kommen Sie unbedingt früh zur Physiotherapie – da die Therapie mit einem Baby mit Lageasymmetrie das mit 3 Monaten oder früher zur Therapie kommt wesentlich kürzer dauert (ca. 2- 6 Therapiestunden) gegenüber einer Therapie mit einem Baby das bereits 10 Monate alt ist.
Die Ursachen für eine Lageasymmetrie können sein:
Hypotone Grundspannung der Muskulatur, Frühgeburtlichkeit, Babyskoliose, angeborene Fußfehlstellungen (Sichelfuß, Klumpfuß, Hackenfuß) Zu frühes aufrechtes Tragen und Sitzen in Tragehilfen oder Wippe – dadurch kommt es zu einer Fehlbelastung der Wirbelsäule und Hüfte
2) Schiefhals (Torticollis)
Hat ihr Kind einen diagnostizieren Schiefhals, dann ist ein Muskel im Halsbereich – der M. sternocleido-mastoideus gezerrt und verkürzt. Die Ursache ist meist bei einer heftigen Geburt zu finden, wenn das Baby im Geburtskanal stecken bleib und mit Saugglocke, Zange oder Grifftechniken der Hebamme geholt werden muss. Dabei kann es zu einer Muskelzerrung dieses Muskels kommen und es bildet sich eine dickere Stelle am Muskelbauch, die zu einer verstärkten Drehung und Neigung des Kopfes zu einer Seite hin führt. Sie sehen, dass ihr Baby den Kopf immer zu einer Seite dreht und neigt und den Kopf nicht frei zur anderen Seite bewegen kann.
Wird der Schiefhals nicht behandelt, führt er dazu, dass es Bindegewebeeinlagerungen an der Stelle der Zerrung gibt. Dadurch wird der Muskel in einer Verkürzung gehalten und die Beweglichkeit des Kopfes zur anderen Seite wird eingeschränkt. Außerdem entwickelt sich eine asymmetrische Körperlage und ein Plagiocephalus als zusätzliche Komplikation.
Der Schiefhals muss unbedingt früh physiotherapeutisch behandelt werden, da er sonst zu massiven Entwicklungsverzögerungen führt mit einer starken Schädeldeformität.
Zusätzliche Therapieformen die sich ergänzend zur Physiotherapie bewähren:
Osteopathie
3) Plagiocephalus
Hat ihr Baby einen Plagiocephalus – dann sieht der Schädel asymmetrisch aus und ist verformt.
Ursachen: dies kann intrauterin entstehen oder auch durch einseitige Lagerung des Babys nach der Geburt, wobei der Kopf immer auf einer Seite zu liegen kommt. Der Plagiocephalus führt wegen der schiefen, asymmetrischen Schädelform zu einer asymmetrischen Körperlage und zu einer motorischen Entwicklungsverzögerung . Ihr Baby braucht unbedingt so früh als möglich Physiotherapie.
Zusätzliche Therapieformen die sich ergänzend zur Physiotherapie bewähren:
Osteopathie
Helmtherapie – wenn die Kopfasymmetrie sehr ausgeprägt ist